„Der Ansatz ist, dem Kunden genau das zu bieten, was er sich wünscht.“
Alles neu macht der Mai. Oder der Apotheker Andreas Bühler aus Bietigheim-Bissingen. Denn im Mai 2018 übernahm Andreas Bühler nicht nur die drei Apotheken seines früheren Arbeitgebers und wechselte den System anbieter in „einer Nacht“ zwischen zwei Werktagen; er realisierte gleich noch seine Vision einer Beratungs apotheke. Kann das gut gehen? Mit dem richtigen Partner schon.
Wie kam es zur Übernahme?
Mein früherer Chef Alois Sterr hatte das Alter erreicht, das er sich zum Ziel gesetzt hatte, um kürzerzutreten. Wir haben vereinbart: Er macht ein bisschen weniger und wir machen ein bisschen mehr. Wir verstehen uns seit dem ersten Tag nicht nur privat, sondern auch geschäftlich extrem gut. Die Idee war immer, neue, innovative Dinge zu tun und auf mehreren Standbeinen zu stehen, Konzepte zu entwickeln, die vielleicht so nicht offensichtlich für eine Apotheke sind. Das habe ich in den letzten acht bis neun Jahren hinter den Kulissen getan – und das darf ich nun als „Gesicht der Apotheke“ tun.
Was zeichnet Ihre Apotheken aus?
Wir sind insgesamt sehr breit aufgestellt. Wir haben eine Heimbelieferung mit fast 700 Patienten, ein Kosmetikstudio mit drei Vollzeit-Kosmetikerinnen. Wir haben die Apotheke im Kaufland als Center-Apotheke, die Apotheke beim Rathaus – die es seit 1559 gibt und damit die älteste Landapotheke Württembergs ist. Und wir haben die Apotheke am Unteren Tor als zentral gelegene Apotheke. Alles findet sich innerhalb von 500 Metern in der Innenstadt.
Verfechter der reinen BWL-Lehre würden aufheulen: Kannibalisierungseffekt!
Es gibt aber keinen Kannibalisierungseffekt. Im Gegenteil: Der Ansatz ist, dem Kunden genau das zu bieten, was er sich wünscht. In einem Umfeld wie Bietigheim gibt es sehr unterschiedliche Kundenwünsche und jeder hat seine Präferenz. Es gibt Kunden, die gerne in die Apotheke im Kaufland gehen. Andere würden nie dort hingehen, weil sie ihren persönlichen Ansprechpartner brauchen und diesen in der Apotheke am Unteren Tor finden. Und dann gibt es die Kunden, die sich eine historische Apotheke wünschen. Da gibt es sogar noch die antiken Schubladen. Jeder Kunde findet, was er will – Sie kennen den Spruch: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
Woher weiß man, welcher Wurm dem Fisch schmeckt: Probieren Sie aus und korrigieren gegebenenfalls oder analysieren Sie vorher?
Ja, natürlich analysieren wir – mit verschiedenen Instrumenten: Kundenbefragung, Feedback-Bögen. Ganz wichtig ist jedoch das persönliche Gefühl, der Kontakt zum Kunden. Man muss zwischen einzelnen Meinungen und dem unterscheiden, wie ein Konzept funktioniert. Und ein Konzept funktioniert nur im Ganzen. Daher messen wir den Erfolg in Zahlen, aber natürlich auch in Kundenzufriedenheit. Es gibt drei entscheidende Faktoren, die zählen – auch bei der Auswahl der richtigen Artikel und da unterstützt mich die ADG massiv. Erstens geht es darum, dass wir als Beratungsapotheke wahrgenommen werden, zweitens, dass wir unsere Beratungsleistung einbringen können und drittens, dass unsere Produkte eine gute Qualität haben. Das funktioniert allerdings nicht, wenn wir nicht in der Lage sind zu bewerten, welche Artikel in der Apotheke funktio-nieren. Es kommen auch betriebswirtschaftliche Aspekte hinzu, also die Messparameter, die zur Steuerung des Unternehmens herangezogen werden. Das geht nur über eine moderne IT und über Systeme, die das überhaupt gewährleisten. Da hilft uns die ADG mit dem Warenwirtschaftssystem enorm.
Stichwort IT und Dienstleister: Was waren Ihre Anforderungen an eine System-Umstellung?
Das oberste Ziel war eine reibungslose Umstellung. Das zweite war für mich ein ganz simples: bei einer solchen gravierenden Umstellung geht’s um Vertrauen bei den Mitarbeitern. Und Vertrauen schafft man nur, wenn das System in der Lage ist, in jeder Situation souverän und auch nachvollziehbar für den Mitarbeiter zu funktionieren und einen Mehrwert zu bieten. Dabei spielen die Menschen eine Rolle, die die Umstellung durchführen. Dieses Zusammenspiel war der Erfolgsfaktor, mit dem wir in keiner Sekunde gestrauchelt sind.
Wann haben Sie umgestellt? Am Wochenende?
Die Apotheke im Kaufland haben wir werktags, praktisch im laufenden Betrieb, umgestellt – von heute auf morgen. Wir haben dort etwas über 25 Arbeitsplätze. Gemeinsam mit dem ADG Team haben wir an einem Abend 20 Arbeitsplätze umgestellt, alle sechs Kassen, die komplette Netzwerk-technologie und die Infrastruktur erneuert. In der Nacht. Und ich kann Ihnen sagen, um halb drei Uhr haben wir die Filiale verlassen. Wir haben uns ein Zeitfenster von sechs Stunden gesetzt und das hat ganz gut funktioniert – inklusive Datenmigration.
Wie stabil war Ihr Puls in dieser Zeit?
Sehr stabil. Denn ich wusste, was ich wollte, und dass ich das von der ADG bekomme. Meine Vision war, ein System zu haben, das zukunftssicher ist und mir innovative Elemente bietet, um neue Konzepte wie in der Apotheke am Unteren Tor durchzuführen. Zentrale Aspekte sind für mich, dass wir komplett barrierefrei mit dem System arbeiten können. Wir nehmen Verkäufe von einem Arbeitsplatz zum nächsten mit. Wir können Verkäufe von einem Bediener zum anderen übergeben, was überhaupt erst barrierefreies Arbeiten in einem Raum mit dem Kunden ermöglicht. Zahlungsmodalitäten: In der Apotheke am Unteren Tor haben wir die Voraussetzungen geschaffen, dass wir an jedem Beratungspunkt bargeldlos bezahlen können und mit Bargeld nur an einem Punkt. Das umzusetzen und Verkäufe und Kassenvorgänge steuern sowie Kassenvorgänge mitnehmen zu können, ermöglicht mir die ADG.
Wie werden Ihre Beratungsleistungen vom Kunden angenommen?
Ich glaube, dass Beratung die einzig relevante Größe überhaupt ist, die uns vom Internet unterscheidet. Der persönliche Kontakt und die Beratungsleistung bei der dem Kunden die Informationen an der Stelle und zu dem Zeitpunkt geliefert werden, an dem er sie abfragt. Dies bedarf natürlich einer immensen Infrastruktur. Denn machen wir uns nichts vor: Wir sind Konkurrent des Internets. Informationen im Internet zu beschaffen, ist dank Google eine Kleinigkeit. Es geht aber darum, die Information für den Kunden in seiner Situation nutzbar zu machen. Information allein ist oft verwirrend.
Wie setzen Sie das um?
Das ist ein ganz einfaches Konzept. Die Fragen entstehen beim Kunden und wir liefern die passenden Antworten dafür. Das ist Beratung für mich. Das Internet verwirrt an manchen Stellen, wo nur noch Informationen fließen und man nicht weiß, was relevant ist. Dann brauche ich jemanden, der für mich filtert, die Informationen selektiert, sie passend für mich macht und sortiert. Das ist Beratung wie sie bei uns in der Apotheke stattfindet, mit Spezialisten, die etwa im Phytobereich ausgebildet sind, mit Spezialisten, die im Kompressionsbereich ausgebildet sind, mit Spezialisten in der Naturheilkunde. Wir haben auch Therapeuten im Team, Physiotherapeuten für die Kompressionsversorgung und Kosmetikerinnen für das Kosmetikstudio.
Nutzen Sie in der Beratung digitale Technologien?
Wir haben in der Apotheke am Unteren Tor acht digitale Sichtwahlfelder. Der digitale Ansatz ist deswegen so wichtig für mich, weil er mir das erste Mal die Möglichkeit gibt, die Sichtwahl und die Freiwahl ganz nah zusammen-zubringen. Aus regulatorischen Gründen dürfen Sichtwahlprodukte nicht in der Freiwahl stehen und umgekehrt. Die moderne Videotechnik ermöglicht mir das zu tun, und nebenbei ein Steuerungselement einzubringen, mit dem wir gezielt Produktgruppen, die wir als qualitativ herausragend bewerten, dem Kunden passend für seine Situation präsentieren können.
Wie funktioniert das konkret?
Sie kommen mit einer Erkältung zu mir und wollen diese schnell wieder loswerden. Am Beratungspunkt kann ich Ihnen über Touchscreens die Indikation „Erkältung“ direkt aufrufen und Ihnen genau die Produkte zeigen, die wir im Team eruiert haben – die funktionieren. An diesem Monitor stelle ich Ihnen dann ein Paket zusammen, das maximal funktioniert. In der herkömmlichen Apotheke könnte ich Ihnen außerhalb der Sichtwahl ein Mikronährstoffpräparat zeigen. Was ich dort nicht präsentieren kann, ist ein Aspirin Complex. Mit unserem System kann ich direkt auf dem Touchscreen alle Produkte mit in die Beratung nehmen, egal, ob sie in der Sicht- oder Freiwahl stehen.
Sie sagten, Sie sind von einem anderen Anbieter zur ADG gewechselt – was hat Sie von der ADG überzeugt?
Was mich sofort gepackt hat, war die Offenheit, die Ehrlichkeit, die Versprechungen und auch die Ziele, die wir uns gesetzt haben. Die waren extrem hoch. Ich habe das erste Mal die Erfahrung gemacht, dass die Ziele, die wir uns gesetzt haben, alle Fragen, die ich gestellt habe, sofort Anklang gefunden haben, sofort beantwortet wurden und man sofort an die Lösung solcher Probleme ging. Und letztlich hat sich für mich in jeder Sekunde gezeigt, dass genau das eingetreten ist. Es gab keine Versprechungen, die an der Stelle nicht funktioniert haben. Ich kann mich noch an unsere ersten Gespräche mit meinem ADG Kundenberater, Andreas Bader, erinnern. Da war ich sehr straight und sagte: „Das ist das Setting und das muss funktionieren“.
Hinzu kommt das gegenseitige Vertrauen. Wir haben viele Ideen. Doch man muss sich hinterfragen, ob das erstens Sinn macht und zweitens dieser Denkprozess so in die tägliche Arbeit integriert werden kann, damit er von der IT unterstützt wird. Ein Warenwirtschaftssystem ist für mich ein verlängerter Arm, für das, was ich täglich tue. Das A3000 der ADG ist extrem intuitiv. Auch wenn Kollegen bei so einer Systemumstellung einmal kurz Panik bekommen: Nach drei Tagen Schulung haben wir zu dritt an einem Samstag 650 Kunden bedient. Mehr braucht man zum Thema intuitive Bedienung nicht sagen.
War Personal der ADG vor Ort?
Nach der Umstellung der Apotheke im Kaufland nicht mehr. Wir hatten eine Schulung und den Vorteil, dass Kolleginnen aus der bereits umgestellten Apotheke am Unteren Tor vor Ort waren. Darum hatten wir – das müssen Sie sich auf der Zunge zergehen lassen – hier in der Apotheke im Kaufland an sechs Kassen vorne die volle Performance.
Wenn man die Apotheke am Unteren Tor betrachtet, stellt sich die Frage: Wo ist der HV-Tisch?
Die Idee dahinter ist, dass der Kunde es verdient, sich frei in der Apotheke zu bewegen. Als wir die Apotheke damals umgebaut haben, habe ich alles herausreißen lassen. Ich stand vor einem leeren Raum. Der Kundenraum hatte vorher 12 Quadratmeter, das Backoffice 80. Die Wertschätzung dem Kunden gegenüber einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem er eine freie Wahl treffen kann für Produkte, die ihn interessieren, in dem ich als Apotheker auch zum Regal gehen und barrierefrei arbeiten kann, die ist jetzt eine ganz andere: Wir sind jetzt bei 68 Quadratmeter Offizin-fläche, in der sich ein Kunde völlig frei bedienen und bewegen kann. Anstelle eines HV-Tisches gibt es einzelne Beratungsplätze, an denen die Kassen drehbar sind. Der Kunde steht im Idealfall neben mir, er darf mit in die Kasse reinschauen. Es gibt für den Kunden keinerlei Grund, warum ich als Apotheker intransparent sein sollte. Das Gefühl, in dieser Apotheke einkaufen zu gehen, ist Transparenz pur, schafft Vertrauen und ist gleichzeitig so gestaltet, dass ich Beratungsplätze habe, an denen man persönliche Gespräche führen kann. In vielen Apotheken hat man das Gefühl: Das Personal muss an einer Stelle stehen, darf sich keinen Zentimeter wegbewegen. Das wollte ich weghaben – im Grunde ist es eine ganz einfache Idee – und der musste alles andere folgen.
Jüngere Menschen gehen lieber in den Drogeriemarkt als in die Apotheke. Haben Sie diese Erfahrung auch gemacht?
Diese Frage habe ich meinen Kunden gestellt: „Wo fühlen Sie sich denn wohler? Im Drogeriemarkt oder in der Apotheke?“ und die Kunden haben eindeutig gesagt „In der Drogerie fühle ich mich wohler“. Das Vertrauen ist jedoch in der Apotheke höher, und zwar deutlich. Das verblüfft, wie kann das sein? Die Antwort, die einzig wirklich valide Antwort auf diese Frage, war tatsächlich, dass man davon ausgehen muss, dass sich Kunden förmlich „angesprungen“ fühlen, wenn sie die Apotheke betreten. Wenn Sie bei uns hereinkommen, dann werden Sie sehen, dass die Kosmetik nicht am prominentesten Platz steht. Sie steht hinten in der Apotheke. Das ist Kalkül, weil wir möchten, dass der Kunde die Apotheke betritt und ganz in Ruhe an das Kosmetikregal laufen und eine Packung in die Hand nehmen, umdrehen, anschauen und lesen kann.
Sie sagten, dass der Apple Store Sie inspiriert hat.
Von dem war ich begeistert. Ich hatte dort einen Termin, um mein Handy reparieren zu lassen und ich wurde angesprochen. Aber erst dann, als ich mich suchend umgesehen hatte. Und dann kam in dem Moment jemand auf mich zu und hat mich gefragt, ob er etwas für mich tun kann und das war in diesem Augenblick genau die richtige Frage. Er hat mich sofort weitergeleitet in den Bereich, wo ich meinen Bedarf hatte. Ich war begeistert, wie offen ein Konzept sein kann und trotzdem werde ich an der Stelle abgeholt, wo ich den Bedarf habe. Diesen Kontakt aufzubauen und den Kunden an der Türe abzuholen und auch zu verabschieden, ist ein anderes Kundenmanagement.
Wie funktioniert das in der Apotheke? Da gibt es 10.000 Artikel, bei Apple vielleicht 100.
Ich schaue über den Tellerrand hinaus, sehe Konzepte und lasse Elemente davon in die Apotheke einfließen, die mich beeindrucken. Was Sie beim Store-Konzept sehen ist, dass jemand mit Ihnen ans Regal geht. Das ist auch der konzeptionelle Ansatz, den Sie in unserer Apotheke am Unteren Tor finden. Wir haben die Produktgruppen ganz bewusst sortiert und kombiniert, um dem Kunden ein Beratungskonzept zu bieten. Der besondere Vorteil jedoch ist die digitale Sicht- und Freiwahl-Technologie. Ich kann mir jedes Regal – von der Phytothek bis zum Erkältungsregal – direkt hinter mich an einen der Beratungsplätze holen und den Kunden beraten. Gleichzeitig dient uns die digitale Sichtwahl als Erinnerung, weitere sinnvolle Produkte in die Beratung aufzunehmen. Es triggert uns in der Apotheke, dem Kunden diese Produkte anzubieten. Zusatzverkäufe werden dadurch sogar zentral steuerbar.
Ein Problem vieler Apotheken ist: Wie kommt die Ware zum Berater, ohne dass er den Kunden verlassen muss?
Wir haben die digitale Sichtwahl, die Freiwahl und ein Ausgabefach in greifbarer Nähe. Es gibt keine Sichtwahl im klassischen Sinne, da sie nicht für den Kunden zugänglich sein darf. Die komplette Sichtwahl ist im Kommissionierer eingelagert und kann standortbezogen über die Bildschirme angefordert werden. Die Ausgabestellen sind chipgesichert, sodass nur Apothekenpersonal in das Fach greifen und die Ware entnehmen kann.
Treffen Sie solche Entscheidungen wie die Entwicklung neuer Konzepte alleine oder binden Sie Ihre Mitarbeiter mit ein?
Natürlich, ich wäre ohne meine Mitarbeiter niemand. Sowohl für die tägliche Arbeit als auch für die Entwicklung von Konzepten, ist es mir enorm wichtig, was meine Kollegen darüber denken.
In der Politik zieht man nach 100 Tagen Bilanz. Wie lautet Ihre nach der Umstellung auf ADG A3000, was würden Sie Kollegen raten, die sich das auch überlegen?
Man soll darauf achten, was versprochen wird und was real ist. Technisch betrachtet braucht man ein Lastenheft, in dem definiert ist, welche Bereiche funktionieren müssen. Man kann durchaus damit leben, dass man gewisse IT-Schritte später geht. Aber die Kernbereiche müssen laufen. Die haben wir definiert und daraufhin eine Präsentation erhalten, in der die Kernanteile aufgeführt waren. Die haben wir auf Stimmigkeit überprüft und das lief dann auch.
Allerdings habe ich noch einen weiteren Rat: Bedingt durch frühere Tätigkeiten und mein Hobby als Musiker habe ich schon einige Präsentationen gesehen, in denen in tollen Filmen, tolle Features versprochen wurden. Wer überlegt, auf ein anderes System umzustellen, sollte sich ganz einfach die Kasse anschauen, weil diese der verlängerte Arm in der Apotheke ist. Wenn man dann zum Schluss kommt, dass das Produkt sehr gut funktioniert, dann muss man umstellen.
Herr Bühler, herzlichen Dank für das Gespräch.